Wir halten unsere Schafe auf grossen Weiden, mit geeigneten Ställen, und versuchen, ihr Wohlbefinden mit entsprechender Betreuung und Pflege zu fördern.
Schafe sind faszinierende Tiere. Sie werden total unterschätzt. Sie sind feinfühlig, gescheit, haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis, können sich Dutzende Gesichter anderer Schafe und Menschen jahrelang merken, sind sehr sozial und schliessen enge, lebenslange Freundschaften untereinander. Sie sind friedliche Tiere, sie wehren sich nicht, wenn sie darben müssen, sie leiden stumm.
Es gibt Milliarden Schafe weltweit, selten fragt man sich, wie es ihnen geht. Sie sind kaum in den Schlagzeilen, doch eine davon ist nennenswert: Dank der beharrlichen Proteste internationaler Tierschutzorganisationen werden ab dem Jahr 2028 die Exporte von Schafen per Frachtschiff aus Australien verboten sein, auf denen regelmässig Tausende Tiere verenden.
Das sogenannte «Mulesing» jedoch ist in Australien weiterhin üblich: Zur Vorbeugung gegen Madenbefall ist es für Schafhalter mit grossen Herden, die weit verstreut auf riesigen Flächen weiden, am praktischsten, den Lämmern am Hinterteil ohne Betäubung das faltige Gewebe wegzuschneiden, ein blutiger, schmerzhafter Eingriff - in Neuseeland und anderswo inzwischen verboten. Man sollte mulesing-freie Merinowolle kaufen.
Ein düsteres Kapitel sind auch gewisse Tötungsmethoden (nicht nur, aber auch von Schafen). So schreibt die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit im Juni 2024 zur Tötung von Schafen und Ziegen: "Wenn sie nicht wirksam betäubt werden, können kleine Wiederkäuer wie Schafe und Ziegen bei der Tötung starke Schmerzen und Angst empfinden". Deshalb ist in der Schweiz die Schlachtung mittels Durchsäbeln der Halsschlagader mit der Luft- und der Speiseröhre ohne Betäubung, also bei vollem Bewusstsein der Tiere, verboten (sog. Schächtverbot). Wir hoffen dringend, dass das so bleibt, trotz gegenteiligen Druckversuchen.
Schafe gelten - ausser bei Rassezüchtern - in der Schweiz oft als anspruchslose Nutztiere ohne grossen Wert; Wolle und Fleisch bringen wenig ein, Milchprodukte sind eine Nische. Nutztierhalter investieren entsprechend wenig in ihre Tiere. Wir hatten es früher häufig mit verwahrlosten, verletzten oder kranken Schafen zu tun.
Verbreitet war und ist immer noch die sog. Moderhinke resp. Klauenfäule (siehe Foto) Sie ist eine sehr schmerzhafte Entzündung zwischen den Klauen. Befallene Tiere rutschen auf den Knien zum Fressen, weil ihnen die Füsse so sehr schmerzen. Ab Oktober 2024 wird die Bekämpfung der Moderhinke Pflicht und staatlich überwacht.
Ein anderes Übel sind viel zu kurz, oft bis aufs After abgehauene Schwänze, durchgeführt ohne Schmerzausschaltung, als Massnahme gegen eine Verschmutzung der Wolle. Ein Verbot steht auf Bundesebene zur Diskussion, der entsprechende parlamentarischen Vorstoss ist noch hängig, wird vermutlich wie die meisten Vorstösse für Tierwohl einen schweren Stand haben (Motion Meret Schneider Nr. 21.3403 «Kein Schwanzcoupieren ohne Betäubung»). Wir kürzen die Schwänze nicht (siehe Fotos unserer Lämmer mit Schwanz, Auen ohne Schwanz.)
Zur regelmässigen Pflege gehört das Scheren, wofür wir zweimal im Jahr einen professionellen Schafscherer kommen lassen. Auch die regelmässige Klauenpflege ist enorm wichtig, damit die Klauen gesund bleiben.
Während wir früher eine grosse gemischte Herde Tiere hielten, ist es heute ein kleines Grüppchen vornehmlich älterer Tiere. Die Auen waren immer schon trächtig, wenn sie ankamen, und oft in schlechten Zustand. Aber alle waren super Mütter, geduldig, aufmerksam, rücksichtvoll. Wir behielten alle Lämmer, denn das Risiko, dass sie als Nutztiere noch jung geschlachtet würden - Schafe können offiziell nicht wie die Equiden als Heimtiere registriert und so vor der Fleischverwertung geschützt werden - war uns zu gross. Wenn wir Tiere schon sorgfältig betreuen, sollen sie auch möglichst lang gut leben dürfen.
Ältere Schafe sind nicht ganz pflegeleicht. Wir versuchen, ihnen noch möglichst viel Gutes zu tun, sei es mit gezielten Massnahmen gegen die Altersgebresten, sei es, indem wir flache Weideabschnitte zur Verfügung stellen, wo sie sich noch gut bewegen können, oder sei es z.B. durch besondere Klauenpflege, wenn sie bereits mit schon seit Langem deformierten Klauen zu uns kommen. Neuankömmlinge können, je nach Vergangenheit, sehr scheu sein, fassen aber meist bald Vertrauen, weil sie sich den Tieren anschliessen, die schon länger hier und bei uns sehr zutraulich geworden sind.
Ein kantonales Veterinäramt kontaktierte uns an Weihnachten, weil es dringend einen Betreuungsplatz für 30 beschlagnahmte Schafe brauchte. Wir konnten sie bei einem Nachbarn unterbringen. Sie waren nie geschoren oder entwurmt worden, deshalb stark von äusseren - bei der Schur krabbelten die blutsaugenden Schaflausfliegen munter aus den Fellen hervor - und inneren Parasiten befallen, einige Schafe starben daran. Den Rest päppelten wir mühevoll auf. Aber dann, ein paar Wochen später, befahl das Veterinäramt, die Tiere zurückzugeben.
Drei noch immer geschwächte Tiere durften wir behalten, darunter Lola. Der Besitzer – dies nur nebenbei – kümmerte sich erneut keinen Deut um seine Tiere; allesamt mussten sie wenige Monate später notgeschlachtet werden. Von den drei Auen, die bei uns blieben, erholte sich eine nicht mehr, die zweite gebar Zwillinge, eines davon tot. Und die dritte Aue, Lola, war so mager und schwach, dass wir sie im Stall unter eine Wärmelampe stellten und ihr später ausserhalb des Stalls einen wärmenden Pulli anzogen. Zwei Monate später begann sie endlich an Gewicht zuzulegen. Wir waren echt stolz auf unsere erfolgreiche Pflege. Bis wir merkten, was Sache war: Im April gebar sie zwei Junge, Pizzi und Palü. Noch immer schwach, konnte sie sich nur Pizzi säugen. Palü erhielt von uns die Flasche, seine Überlebenschancen waren nicht gut (Dauerdurchfall).
Wir gaben nicht auf, der Wind drehte, er begann zu gedeihen, wurde kräftiger und munter. Wir brachten ihn regelmässig auf die Weide zu «seiner Sippe» zwecks Vermeidung einer Fehlprägung. Bis wir ihn getrost ganz bei Lola und Pizzi in der Schafherde unterbringen und ihm die Flasche dort verabreichen konnten. Ein Happy End!